Unscheinbar. Das ist das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, als wir am Firmensitz von Alivio eintreffen. Hier entstehen also bis zu 10.000 Schlafsack-Inlets pro Jahr, in diesem – zumindest von außen – recht klein erscheinenden Gebäude. Aber wie wir schon durch Herr der Ringe lernen durften: Es sind oftmals die unscheinbaren Dinge, aus denen Großes erwächst. Nun, wir wollen nicht übertreiben, denn sicher ist Alvivo vieles, aber keine große Outdoor-Marke mit riesigem Produktportofolio. Aber es ist eben eine dieser Marken, die ziemlich sympathisch und unaufgeregt daherkommt. Und dabei eben doch irgendwie besonders ist. Warum? Das wollen wir euch natürlich verraten.
Italiensch-schwäbischer Culture-Clash
Mit leicht überschwänglicher italienischer Gastfreundlichkeit empfängt uns Giacomo, der Chef von Alvivo und bietet uns natürlich erstmal einen Kaffee an, bevor er uns nicht weniger überschwänglich seiner Schwester vorstellt, die zusammen mit einer anderen Näherin auf einer uralten, aber immer noch tadellos funktionierenden Industrienähmaschine bis zu 10.000 Schlafsack-Inlets näht. Pro Jahr, wohlgemerkt. Wir dürfen ihr über die Schulter schauen, während sie mit einer Präzision an die Arbeit geht, wie sie nur ein Mensch haben kann, der diesen Beruf schon seit Jahrzehnten ausübt. Vermutlich würden weder Zuschnitte noch Nähte nur ansatzweise genau sein, wenn ich das mit so einer Geschwindigkeit angehen würde. Aber das muss ich zum Glück auch nicht.
Während ich noch im Staunen versunken bin, kramt Giacomo Produktmuster aus dem Regal. Er hält ein Tuch aus hellbeigem, fast durchsichtigen Material in der Hand und überreicht es mir mit den Worten: “Reine, unbehandelte Merinowolle”. Und ich bin erstmal ziemlich baff, wie schön weich und leicht sich das anfühlt. Theoretisch könnte man das sogar essen. Er hält mir ein weiteres, diesmal rotes Muster hin. Auch Merinowolle, allerdings gefärbt und deutlich dichter gewebt. Immer noch angenehm im Griff, aber ein massiver Unterschied zur unbehandelten Variante. Warum ich das hier so breit trete? Weil es schon ein kleiner Augenöffner war, was die Bearbeitung des Stoffs für einen Unterschied macht. Letztlich muss man aber auch feststellen, dass die gänzlich unbehandelte Variante zwar sehr komfortabel, aber nicht sonderlich robust ist. Für Inlets perfekt, aber für Bekleidung eher ungeeignet.
Als nächstes zeigt er mir ganz begeistert verschiedene Nähte und erklärt mir ausführlich, welche Variante sich letztlich als ideal für die Inlets herausgestellt hat und welches Garn dafür am besten geeignet ist. Schon immer wieder interessant, wie viele Gedanken man sich über profane Dinge wie Schlafsack-Inlets machen kann. Die Produktentwicklung von Alvivo findet übrigens – genau wie die Produktion der Inlets – komplett in Deutschland statt. Im beschaulichen Böblingen.
Aber was macht Alvivo eigentlich?
Alvivo baut Inlets und Schlafsäcke aus Merinowolle, Daune und Kunstfaser. Zum Portfolio reihen sich außerdem Daunenjacken. Sämtliche Inlets werden – wie schon erwähnt – komplett in Deutschland gefertigt. Die Materialien hingegen kommen aus Übersee. Die Merinowolle aus Neuseeland ist natürlich Mulesing-frei und die Daune stammt aus China.
China? Ja, genau. Was erstmal stutzen lässt, ist auf den zweiten Blick schon wieder logisch, denn durch den hohen Konsum von Geflügelfleisch der Chinesen fällt die Daune quasi ohnehin als Nebenprodukt an. Praktiken wie Lebendrupf werden so von vorneherein ausgeschlossen. Außerdem sind Daune und Merinowolle nach BSCI zertifiziert und Stoffe aus Europa erfüllen den Ökotex-Standard. Generell folgt man bei Alvivo dem Trend, beschädigte Produkte lieber zu reparieren, als auszutauschen. Diese Reparatur wird ebenfalls in Böblingen durchgeführt.