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Beim Gedanken an nachhaltige (Outdoor-)Kleidung kommt vielen Menschen sofort Patagonia in den Sinn. Das liegt nicht nur an dem aktuellen Hype, sondern vor allem daran, dass Gründer Yvon Chouinard von Anfang an auf den Erhalt von Natur und Umwelt Wert legte.

Die Geschichte von Patagonia beginnt damit, dass Chouinard, selbst ein begeisterter Kletterer, die ersten Kletterhaken aus alten Holzfäller-Messern für sich und seine Freunde fertigt. Als er bemerkt, dass das Kletterwerkzeug aus verchromtem Stahl die Felsen erodiert, wechselt er zum weicheren Aluminium.

Diese rücksichtvolle Art des Wirtschaftens zieht sich bei Patagonia bis heute durch und erlebte erst kürzlich einen neuen Höhepunkt.

Berge in Patagonien
Yvon Chouinard verschenkt sein Unternehmen für den Schutz dieser Umwelt.

“Patagonia-Gründer verschenkt Firma”

Diese Schlagzeile verbreitete sich Ende September 2022 wie ein Lauffeuer. Der 83-jährige Unternehmensgründer und alleinige Eigentümer Yvon Chouinard verschenkt sein 3 Milliarden Dollar-Unternehmen an zwei Stiftungen. Besitz und Vermögen der Firma dienen ab sofort der Bekämpfung der Umwelt- und Klimakrise.

Auch Michael Austermühle trifft die Nachricht unvorbereitet. „Da waren schon auch Fragezeichen in meinem Kopf.“, berichtet der Deutschland-Chef von Patagonia bei ZEIT ONLINE. Kein Wunder. Denn was der schrullige Patagonia-Gründer an jenem Morgen seinen weltweit vor Bildschirmen versammelten Mitarbeiter*innen verkündete, widerspricht der Essenz aller BWL-Lehrbücher.

Chouinard verzichtet auf die Maximierung des Eigennutzes. Sein Ziel ist es, wie er in einem offenen Brief erklärt, die Umwelt- und Klimakrise zu bekämpfen und die Natur zu schützen: „Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten.“

Die Erde ist ab sofort unsere einzige Anteilseignerin.

Yvon Chouinard, Patagonia-Gründer

Mit der Überschreibung von Patagonia an gemeinnützige Stiftungen entfachte sich auch eine Diskussion, die das ökologische und soziale Engagement des Unternehmens seit seiner Gründung 1973 begleitete:

Kann ein gewinnorientiertes Unternehmen nachhaltig wirtschaften? Ist grüner Kapitalismus möglich? Gewinnorientiert bleibt Patagonia auch nach der Überschreibung. Nur fließen die Gewinne künftig in die Stiftung zur Bekämpfung der Klima- und Umweltkrise. Chouinard selbst hat keinen Zugriff mehr darauf.

Was heißt nachhaltig?

Nachhaltigkeit ist ein Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren bzw. künftig wieder bereitgestellt werden kann. Anders gesagt geht es darum, so zu wirtschaften und zu leben, dass der nächsten Generation vergleichbare Ressourcen zur Verfügung stehen. Also ein dynamisches Gleichgewicht.

Aktuell verbrauchen wir Menschen so viele Ressourcen, dass 1,75 Erden nötig wären um langfristig unseren Konsum zu decken. Tendenz steigend. Anlässlich des Tages, an dem die Ressourcen eines Jahres aufgebraucht sind, wird jährlich der Earth Overshoot Day begangen. 2022 war das am 28. Juli. Deutschlands Overshoot Day war sogar schon am 04. Mai.

Um nachhaltig zu werden gibt es drei Leitstrategien:

  • Suffizienz: Verringerung von Produktion und Konsum
  • Effizienz: ergiebigere Nutzung von Material und Energie (Bsp.: Steigerung des Outputs bei gleichem Input)
  • Konsistenz: naturverträgliche Stoffkreisläufe, Wiederverwertung, Müllvermeidung

Fasst man den Begriff Nachhaltigkeit etwas weiter, gehört neben der ökologischen Perspektive auch die soziale Perspektive dazu. Das bedeutet, nicht nur mit der Natur und ihren Ressourcen wird sorgsam umgegangen, es wird beispielsweise auch auf Geschäftspartner, Mitarbeiter und die Gesellschaft Rücksicht genommen.

Was tut Patagonia für ökologische Nachhaltigkeit?

Patagonia ist ein wachsendes und global operierendes Unternehmen. Vollständige Nachhaltigkeit ist in diesem Umfang kaum zu gewährleisten. Deshalb spricht Patagonia selbst auch nicht von Nachhaltigkeit. „Wir hinterlassen einen Fußabdruck, keine Frage. Deshalb sind wir auch nicht nachhaltig, sondern verstehen uns eher als verantwortungsvoll.“

Für Patagonia heißt das unter anderem: Reduce, Reuse, Repair, Recycle.

Suffizienz als Werbebotschaft

Reduce. Als Global Player in der freien Marktwirtschaft lauten die Unternehmensziele Patagonias natürlich unter anderem Wachstum und Gewinnmaximierung. Legitimiert wird das mit dem Anspruch, besser zu sein als die Konkurrenz. Und das eben auch in Bezug auf Nachhaltigkeit. So sollen weniger nachhaltige Wettbewerber ausgestochen werden, und der Gesamtkonsum im Optimalfall sinken.

2011 erschien eine mittlerweile legendäre Anzeige in der New York Times. Pünktlich zum Konsum-Höhepunkt des Jahres am Black Friday prangte unter einer ganzseitig abgedruckten Patagonia-Jacke die Aufforderung „Don’t buy this jacket“. Darunter erfuhren die Leser*innen, welche Umweltkosten bei der Produktion der Jacke entstehen.

Die Anti-Werbung sollte ein Statement gegen überflüssigen Konsum sein. Die Botschaft: Kaufe diese Jacke nur, wenn du sie wirklich brauchst.

Effizienz bei der Produktkonstruktion

Patagonia Jacken bei der Reparatur
Kleine Schäden lassen sich meistens selbst reparieren – und wenn nicht, gibt es das Patagonia Worn Wear Programm.

Repair. So ist auch eine kaputte Jacke für Patagonia kein Grund, eine neue zu kaufen. Viele kleinere Schäden können ganz einfach repariert werden. Gerade bei Patagonia Produkten. Die sind extra so konstruiert, dass eine Reparatur ganz einfach ist.

Um Reparaturen flächendeckend zu gewährleisten, findet man online Anleitungen, mit denen man kleinere Schäden selbst reparieren kann. Ersatzteile wie Rucksackschnallen oder Reissverschlüsse kann man dabei einfach auf der Webseite anfordern.

In seinen Läden repariert Patagonia kaputte Outdoorkleidung kostenlos und schickt mit dem „Worn Wear Truck“ seit 2017 einen Reparaturservice quer durch Europa (aktuelle Tourdaten findet man auf der Firmenhomepage). Mehr zu dem Thema gibt es in unserem Blogartikel über das Worn Wear Programm zu lesen.

Seit Beginn der Aktion 2005 wurden allein in Nordamerika über 400.000 Artikel von Patagonia repariert.

Reuse. Patagonia spricht sich also klar dafür aus, dass jeder seine Produkte so lange benutzt, wie es möglich ist. So dient “Worn Wear” auch als Label für den Second Hand Markt von Patagonia. Auf dieser Plattform wird gebrauchte Patagonia-Bekleidung aufbereitet und gehandelt. Jeder Patagonia Kunde kann hier seine gebrauchte Kleidung weiterverkaufen.

Konsistenz

Neue Patagonia Jacke aus recyceltem Material
Patagonia nimmt alte, kaputte Ware zurück und verarbeitet sie zu neuen Produkten.

Recycle. Wenn Weiterverwendung oder Reparatur nicht mehr möglich sind, kommt die Option Recycling zum Einsatz. Patagonia nimmt alle Kleidungsstücke zurück, und führt sie der Wiederverarbeitung zu. Damit werden viele nach wie vor hochwertige Stoffe vor der Müllverbrennungsanlage oder der Deponie bewahrt.

Schon seit langem produziert Patagonia einen Großteil seiner Kunstfasern aus recycelten PET-Flaschen. Mit dem Recycling von Daunen bei Patagonia haben wir uns- auch hier im Basislagerblog schon einmal ausführlicher beschäftigt.

Zudem forscht und entwickelt Patagonia an nachhaltigeren Materialien. Als junger Mann und passionierter Surfer störte sich Chouinard an Neoprenanzügen aus Rohöl. Später als Chef von Patagonia entwickelte er einen Anzug aus Naturkautschuk.

Seit einem Vierteljahrhundert verwendet Patagonia überdies ausschließlich Bio-Baumwolle und war damit eines der ersten Unternehmen, die dafür sorgten, dass Bio-Standards in der Baumwolllandwirtschaft überhaupt umgesetzt werden.

1 % for the Planet

Weil das Patagonia noch nicht reicht, und Chouinard bereits in den 80er-Jahren erkannte, dass es so nicht weitergehen kann, begann Patagonia an Umweltschutzorganisationen zu spenden. Zunächst zehn Prozent des Gewinns, später ein Prozent des Umsatzes.

Die Initiative „1% for the planet“, an deren Gründung Chouinard maßgeblich beteiligt war, hat seit 1985 zahlreiche Unternehmen dazu gebracht, sich für den Umweltschutz zu engagieren. Bis heute arbeitet Patagonia an der Erweiterung des Netzwerks.

Was tut Patagonia für soziale Nachhaltigkeit?

Soziale Nachhaltigkeit ist im Grunde ein anderer Begriff für Corporate Social Responsibility. Auch Unternehmen haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Dazu gehören die faire Bezahlung und Behandlung von Mitarbeitern, wie auch soziales Engagement außerhalb des Unternehmens.

Fair Trade

Arbeiter*innen in einer Fabrik
Patagonia versucht, alle Mitarbeiter fair zu bezahlen und arbeitet deshalb bevorzugt mit Fair Trade-zertifizierten Nähfabriken zusammen.

Die Ausbeutung der Natur ist eine Folge des Profitstrebens kapitalistischer Unternehmen. Die von Menschen eine weitere. Arbeiter*innen der Textilindustrie gehören zu den am schlechtesten bezahlten. Die Arbeitsbedingungen sind miserabel. Berichte über Sweatshops in Südostasien, China oder Osteuropa füllen regelmäßig Mediatheken und Zeitungen.

Die meisten Modelabels und Outdoor-Hersteller produzieren ihre Ware nicht selbst. Sie lagern die Produktion in Länder aus, in denen die Löhne am niedrigsten sind. Auch Patagonia produziert vor allem in Südostasien und auf Sri Lanka. Doch seit 2014 nimmt Patagonia am Fair Trade-Programm teil. Heute sind 83% des Sortiments Fair Trade-zertifiziert. Bis 2025 sollen alle Kleidungsstücke in Fabriken hergestellt werden, die Existenzlöhne zahlen.

Politischer Aktivismus

„Vote the assholes out“ war auf den Etiketten zu lesen, die Patagonia nach dem Wahlsieg Donald Trumps in seinen Kleidungsstücken einnähen ließ. Aufsehenerregend. Chouinard nahm sich damals vor, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um die katastrophale Klimapolitik des Republikaners zu bekämpfen.

Empfindlich reagierte der Patagonia-Gründer auch auf die Beliebtheit seiner Produkte unter Investmentbanker*innen. Kurzerhand untersagte der bekennende Verächter der Börse die Belieferung von Finanzhäusern. Immer wieder mischt sich das „aktivistische Unternehmen“ mit Aktionen wie dieser oder durch Petitionen in die Politik ein.

Ist Patagonia nachhaltig?

Wir hinterlassen einen Fußabdruck, keine Frage. Deshalb sind wir auch nicht nachhaltig, sondern verstehen uns eher als verantwortungsvoll.

Michael Austermühle, Deutschland-Chef Patagonia

Was Patagonia seit nun bald einem halben Jahrhundert tut, ist der Versuch, mit Anstand und Verantwortungsbewusstsein an unserem Wirtschaftssystem zu partizipieren. Die Ausbeutung von Natur und Menschen ist an vielen Stellen nicht verboten. Im Gegenteil, sie ist äußerst lukrativ.

Patagonia will mitspielen, ohne diese Möglichkeiten auszunutzen. Das Unternehmen spielt dasselbe Spiel wie alle. Es verkauft Waren gewinnbringend. Doch Chouinard und sein Team aus über tausend Mitarbeiter*innen weltweit stellen neue Fragen und setzen andere Prioritäten. Innovationen fallen nicht vom Himmel. Sie beginnen mit der Formulierung von Zielen. Wer sich Ressourcenschonung vornimmt, schreitet anders voran als diejenigen, die auf Profitmaximierung zielen.

„Wir hinterlassen einen Fußabdruck, keine Frage. Deshalb sind wir auch nicht nachhaltig, sondern verstehen uns eher als verantwortungsvoll.“ Verantwortungsvoll heißt, den Blick zu weiten und hinzuschauen, wo andere wegschauen.

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Bergfreund Gastautor

2 Kommentare zum Artikel

  1. LW 15. November 2019 18:30 Uhr

    Eigentlich eine tolle Beitragsserie, doch ehrlich gesagt empfinde ich die Beiträge als Grünwäscherei und das viel mehr als das Marketing der besprochenen Marken. Bei Patagonia kann nicht unerwähnt bleiben, dass sich bei den hochgiftigen PFC-basierten Imprägnierungen trauriger Weise inzwischen beinahe Klassenletzter sind, da sie im Gegensatz zu fast allen anderen Größen der Branche nicht mal einzelne Styles mit einer PFC-freien Imprägnierung anbieten. Das steht z.b. auch im hier kritisierten Spiegel-Artikel.

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