Christiane Dolva Törnberg ist zuständig für die Nachhaltigkeit bei Fjällräven. Die Sustainability Managerin fasst das Nachhaltigkeitsverständnis der nordschwedischen Firma wie folgt zusammen: „Das Besondere an Fjällräven ist, dass Nachhaltigkeit nicht als eigenständiges Projekt begriffen wird. Nachhaltigkeit ist die Grundlage für alles, was wir tun.”
Das klingt ähnlich ambitioniert wie die Kurzfassung des Ganzen im Slogan: „Das Lager besser verlassen, als man es vorgefunden hat“ – schließlich ist mit dem „Lager“ die ganze (Um)Welt gemeint.
Nachhaltigkeitskonzept
Beide Formulierungen findet man auf der Firmenwebsite, wo das Nachhaltigkeitskonzept detailliert präsentiert wird. Dessen Bestandteile sind:
- „Care and Repair“ (maximale Produktlebensdauer, Materialeinsparung, Reparaturanleitungen)
- Entwicklung (Design, Materialien)
- Produktion (Verhaltenskodex, Zusammenarbeit und Klimakompensation)
Diese Bestandteile können inhaltlich auf verschiedene Arten strukturiert werden – je nach Sichtweise. Eine Möglichkeit ist die Unterteilung aus Sicht des einzelnen Produktes: bei jedem Produkt ist Nachhaltigkeit das Leitprinzip – und das bei Design, Materialauswahl und Herstellung.
Zeitloses, praktisches Design
Beim Design jedes Produkts folgt Fjällräven sieben Nachhaltigkeitsgrundsätzen, zu denen u.a. eine Materialauswahl gehört, die zu einem einfach zu reparierenden, robusten und nie aus der Mode kommenden Produkt führt. Damit die Firma bei all den Vorgaben selbst nicht den Faden verliert, hat sie eine Orientierungsgrundlage des Nachhaltigkeitsprogramms geschaffen – einen Kompass namens „The Fjällräven Way“:
The Fjällräven Way
„Damit wir die richtigen Schritte gehen und nicht vom Weg abkommen, haben wir „The Fjällräven Way“ entwickelt, der uns wie ein Kompass oder eine Karte bei unseren Entscheidungen die Richtung vorgibt. Die vier Grundrichtungen des Fjällräven-Kompasses sind: Natur und Umwelt, Unternehmens- und Geschäftsabläufe, soziale Verantwortung sowie Wohlergehen.“
Diese Richtungen entsprechen in etwa den klassischen drei Ebenen der Nachhaltigkeit, bei denen man den letzten Aspekt „Wohlergehen“ unter der Ebene „Soziales“ zusammenfasst. Schauen wir uns nun die Maßnahmen von Fjällräven nach den Ebenen Umwelt und Soziales geordnet an – ähnlich wie wir es schon im vorigen Artikel bei den Kollegen von Patagonia gemacht haben.
Umweltaspekte der Nachhaltigkeit
Wie wohl bei den meisten Outdoorproduzenten ist der Schutz der Natur bei Fjällräven der wichtigste Aspekt. Das kommt auch symbolisch im Namen zum Ausdruck: „Fjell“ ist die Bezeichnung für die skandinavischen Gebirgszonen und Räv(en) bezeichnet den dort umherstreifenden Fuchs.
Auf der praktischen Ebene wird das nachhaltige Selbstverständnis vor allem durch eine ressourcenschonende Materialauswahl und die Wahl umweltbewusster Produktionswege umgesetzt. Als wichtiges Beispiel nennt Fjällräven hier sein Eco-Shell Material, das in der Wetterschutzbekleidung zum Einsatz kommt. Es lässt sich recyceln, wenn das Kleidungsstück ausgedient hat. Zudem kompensiert Fjällräven die CO2-Emmissionen, die bei der Herstellung von Eco-Shell anfallen.
Materialauswahl
Allerdings geht im Zweifel die Funktionalität vor: „Egal, wie nachhaltig es sein mag: Wenn ein Obermaterial dich nicht trocken hält, verwenden wir es auch nicht.“ Man setzt aber soweit wie möglich biologische, wiederverwertbare und recycelte Materialien ein oder bevorzugt rückverfolgbare natürliche Materialien. Dabei nimmt man folgende Einteilung der Materialien vor: „Exzellent“ für recycelte Wolle, biologischen Hanf und Tencel; „gut“ für recyceltes Polyester, G-1000 Eco und rückverfolgbare Wolle sowie „okay“ für Polyamid, Baumwolle, Metallknöpfe.
Auf PFCs, PVCs und Angorawolle wird bei Fjällräven verzichtet. Man achtet bei der Materialauswahl auf Abfallvermeidung und setzt soweit wie möglich recycelte Stoffe ein. Es wird versucht, für jedes Produkt möglichst wenig verschiedene Materialien zu verwenden, um die Wiederverwertbarkeit zu vereinfachen. Man gesteht aber auch ein, dass es hier noch Verbesserungspotentiale gibt.
Die Haltbarkeit der Materialien soll nicht nur durch gute Ausgangsstoffe und hochwertige Verarbeitung erreicht werden, sondern auch durch die richtige Pflege und Reparatur. Wer umfassende Nachhaltigkeit will, muss sich eben auch als Kunde und Verbraucher mit einbringen. Dabei helfen die Tipps zur richtigen Pflege und Aufbewahrung der Ausrüstung sowie detaillierte Anleitungen für die häufigsten Reparaturen.
Daune, Wolle, Leder
Materialien tierischen Ursprungs wie Wolle, Daunen und Leder werden nur dann verwendet, wenn kein synthetisches Material mit gleichwertigen Eigenschaften verfügbar ist. Es gibt einen Verhaltenskodex mit einer nicht verhandelbaren Pflicht für alle Lieferanten, Tiere sorgsam zu behandeln. An der Rückverfolgbarkeit der Tierprodukte in allen Lieferketten arbeitet Fjällräven, bei Daunen ist dieses Ziel seit 2014 erreicht. Grundsätzlich verspricht Fjällräven, dass in allen Produkten gilt:
„Kein Lebendrupf, keine Stopfmast, kein Mulesing.“
Daune
Das „Daunenversprechen“ wurde von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten als die beste Richtlinie im Outdoorsegment ausgezeichnet. Die Produktionskette für Daunen gilt als eine der transparentesten in der gesamten Outdoorbranche.
Alle von Fjällräven verwendeten Daunen sind Nebenprodukte der Lebensmittelproduktion und vollständig rückverfolgbar. Sie stammen von nur einem Zulieferer aus China, der wiederum nur von Betrieben bezieht, die dem Fjällräven-Verhaltenskodex (Code of Conduct) unterliegen. Ein Qualitätskontrollteam überwacht den Umgang mit den Tieren durch angekündigte und unangekündigte Besuche. Außerdem werden die Daunen vor der Weiterverarbeitung durch das IDFL (International Down and Feather Laboratory) überprüft.
Wolle
Seit 2015 versucht Fjällräven, eine vollständig global rückverfolgbare Lieferkette aufzubauen. Das ist durch den komplexen Aufbau des Marktes schwierig, weshalb es bis jetzt noch keine vollständig befriedigende Lösung dafür gibt. Die erste Baselayer-Kollektion ist immerhin schon aus komplett rückverfolgbarer Wolle gefertigt. Außerdem gewährleistet man auch jetzt schon, dass die gesamte verwendete Wolle komplett ohne das leider immer noch verbreitete, tierquälerische Mulesing-Verfahren gewonnen wurde.
Leder
Hier setzt Fjällräven den Schwerpunkt auf das Gerbverfahren, mit dem das Leder langlebiger gemacht wird. Denn dabei kommen große Mengen Wasser, Chemikalien und Energie zum Einsatz. Man versucht, diesen doch recht großen ökologischen Fußabdruck durch pflanzlich gegerbte Accessoires und Jagdprodukte im Sortiment sowie die Zusammenarbeit mit Gerbereien zu verkleinern, die mit dem „Gold-Standard“ der Leather Working Group ausgezeichnet sind.
Chemikalien
Die Fluorcarbone (PFCs) gehören für Fjällräven zur „schwarzen Liste“ gefährlicher und verbotener Chemikalien, die die Firma in Zusammenarbeit mit der Swedish Chemicals Group führt und ständig aktualisiert.
Fjällräven war 2012 eines der ersten Outdoorunternehmen, das sich entschloss, dass gesamte Produktsortiment auf fluorcarbonfreie Imprägnierung umzustellen. Auch eines der wenigen PFC-freien Imprägniersprays auf dem Markt ist von Fjällräven. Das bekannte, hauseigene G-1000 Gewebe lässt sich mit dem ebenfalls PFC-freien Greenland Wax immer wieder neu imprägnieren. Allerdings ist man noch nicht bei 100 Prozent PFC-Freiheit angelangt: bei den Reißverschlüssen ließ sich bislang noch keine voll befriedigende Alternative finden.
Design
Bei allen Produkten wird auf ein möglichst schlichtes Design mit möglichst wenig verschleißanfälligen Schwachstellen geachtet. Jede angebrachte Tasche und jede Formgebung ist genau durchdacht. An besonders beanspruchten Stellen achten die Designer nicht nur auf besondere Robustheit, sondern auch auf eine möglichst einfache Reparierbarkeit.
Der modische Aspekt wird dabei insofern berücksichtigt, dass ein möglichst zeitloser Look entstehen soll, der unabhängig von wechselnden Trends und Moden ist.
Soziale Nachhaltigkeit und Mitarbeiterführung
Die hohen sozialen Standards in der Firma selbst stehen hier weniger im Fokus als diejenigen in den Zuliefererbetrieben. Dabei kommt der schon erwähnte, firmeneigene und für sämtliche Lieferanten verpflichtende Code of Coduct zum Einsatz. Er wird von unabhängigen Instituten wie der SGS (Société Générale de Surveillance) auf Einhaltung überprüft und regelt die Rahmenbedingungen für menschenwürdige Arbeit (wie etwa Arbeitszeitbegrenzung, Mindestlöhne, Arbeitsplatzsicherheit und Verbot von Kinderarbeit).
Der Code of Conduct baut auf dem Verhaltenskodex am Arbeitsplatz („Workplace Code of Conduct“) der Fair Labor Association auf und umfasst die Bereiche Menschenrechte, Tierwohl, Umweltschutz, nachhaltige Entwicklung und Antikorruption.
Kooperationen und Mitgliedschaften
Da man Kooperation und Austausch als sehr wichtig erachtet, ist Fjällräven in mehrere Netzwerke eingebunden. Neben der Mitgliedschaft in der Fair Labor Association (FLA) gibt es die Beteiligung an der Sustainable Apparel Coalition (SAC). Die SAC ist eine Gruppe aus etwa 80 Unternehmen für Schuhe und Bekleidung sowie NGOs, die sich über bewährte Praktiken austauscht, mit denen soziale und ökologische Belastungen reduziert werden können.
Zudem hat man sich dem UN Global Compact verpflichtet, einer Partnerschaft zwischen Unternehmen und den Vereinten Nationen. Die Partner arbeiten daran, ihre Geschäftsprozesse und Strategien an zehn universell anerkannten Prinzipien in den Bereichen Umwelt, Menschen- und Arbeitsrechte sowie Anti-Korruption auszurichten.
Was sagen die Kritiker?
Gemischt bis gut: so könnte man das „Medienecho“ in etwa zusammenfassen. Beim Nachhaltigkeitsportal Cleanclothes kommt Fjällräven mit 4 von 5 Punkten „gut“ weg. Bei den Kollegen von Rankabrand sieht man die Sache mit einer durchschnittlichen Bewertung kritischer. Allerdings wird bei diesem Portal keine Outdoorfirma wirklich gut bewertet, Fjällräven schwimmt mit einer D-Note eher im Mittelfeld.
Der Nachhaltigkeitsblog Viertel-vor lobt den populären Rucksackklassiker Kånken und dessen aktuellen Nachfolger, den komplett aus recyceltem Material gefertigten Re-Kånken.
Auch die Massenmedien fokussieren sich in ihren Berichten über Fjällräven weitgehend auf diesen einen Rucksack. Dabei wird eher auf den Modeaspekt eingegangen als auf die Funktionalität, auf die Fjällräven selbst den Fokus setzt. Dabei bedient man gerade keine „angesagten Looks“ und schwimmt auch nicht auf Modewellen. Bezüglich des Kånken-Rucksacks beteuert man, keine besondere Werbung dafür zu machen und nicht aktiv an dessen Hype beteiligt zu sein. Das würde auch nicht zur oben erwähnten Designphilosophie passen.
Fazit
Man kann Fjällräven definitiv zu den Outdoorproduzenten zählen, deren Nachhaltigkeitskonzept kein schön formuliertes Greenwashing, sondern ein ernsthafter, zielstrebiger und effektiver Maßnahmenkatalog ist. Man wird deshalb auch in Zukunft ganz sicher immer wieder von Errungenschaften und Verbesserungen hören – ohne dass Probleme unter den Tisch gekehrt werden.
7 Kommentare zum Artikel
Es ist Feb. 2022 und ich trage eine gefütterte Jagdjacke von Fjällräven, die ich 2002 gekauft habe. So gut wie keine Abnutzungserscheinungen, keine Löcher, alle Knöpfe dran, Reißverschluss funktioniert tadellos. Ich wasche die Jacke gelegentlich. Die Haltbarkeit ist einfach top. Auch das ist ein wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekt.
Für mich ist es trotzdem etwas verwirrend, wenn zum Einen im Test von Rankabrand Fjällräven relativ schlecht und zB. Patagonia deutlich besser bewertet werden. Zum Anderen lese ich bei Stiftung Warentest (Sept. 2019], dass Fjällräven und Lundhags die einzigen Hersteller der in dem Fall getesteten Regenjacken sind, bei denen kein PFC (Fluorcarbone) verwendet wird. Patagonia, Arc‘teryx, Bergans und The North Face bei der Imprägnierung PFC dafür aber verwenden.
Das mit dem Logo aus Leder verstehe ich auch überhaupt nicht. Ich glaube es hat eher damit zu tun, dass Leder in der Allgemeinheit eher mit Qualität assiziert wird und Fjällräven scheut, ein künstliches Material hier einzusetzen, wenn es eben kein "echtes Leder" ist. Hier wäre das Potential, absolut unötige tierische Materialien zu vermeiden. Zumal das Logo ja auch an Stellenauf der Kleidung angebracht sind, die keiner großen Belastung ausgesetzt sind (zum Beispiel an den Knien o. ä.) Fjällräven schützt sein Logo-Tier, den Polarfuchs. Beispeislweise 2015 während des "Save the Arctic Fox"-Projekts. Wäre es nicht begrüßenswert, wenn diese Naturliebe auch auf weitere sogenannte "Nutztiere" ausgeweitet werden würde? Auch die Gerbung ist mit naturverunreinigenden Auswrikungen eine unschöne Erscheinung ... Kann man ein Logo, dass in sich die Ausbeutung und Verunreinigung der Natur vereint, auf seiner Outdoorkleidung mit stolz tragen? Das muss sich jeder Kunde selbst fragen. Aber für Fjällräven ist es, meiner Meinung nach an der Zeit, ein bisschen mehr Einsatz zu zeigen. Es reicht nicht, nur edle Ziele zu haben und dann auf halben Wege stehen zu bleien. Ich setzte große Hoffnung in dieses Unternehmen. Danke, dass Sie meinen Beitrag zu dem Thema bis hierher gelesen haben.
Moin, bei Rankabrand hat Fjällräven nur ein D bekommen (Stand: 9. Januar 2020). Vaude, Pyua und Patagonia haben zudem A und B Bewertungen erhalten. Vielleicht sollte man das im Artikel nochmal richtig stellen. Aber grundsätzlich gute Arbeit! :) Mit freundlichen Grüßen Moritz
"Materialien tierischen Ursprungs wie Wolle, Daunen und Leder werden nur dann verwendet, wenn kein synthetisches Material mit gleichwertigen Eigenschaften verfügbar ist." - Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, was dann der kleine Lederschnipsel für das Firmenlogo soll. Das ist ja, zumindest meiner Meinung nach, ein mehr als unnötiger Einsatz von tierischem Material, welcher keiner praktischen Funktion unterliegt. Und ein Logo aus anderem Material wäre mit Sicherheit möglich.