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Das Gewicht des Revos.

Was lange währt, wird endlich Revo

Inhaltsverzeichnis

Vor ein paar Wochen ist bei uns das neue REVO des Traditionsherstellers Wild Country eingetrudelt. Da das nunmehr seit Sommer 2016 auf der OutDoor in Friedrichshafen angekündigte Sicherungsgerät auf die Veröffentlichung zusteuert, ließen wir es uns nicht nehmen, das Teil im Vorfeld auf Herz und Nieren zu prüfen.

Ist es ein Tuber? Ist es ein Halbautomat? Es ist ein REVO!

Das Einfädeln des Kletterseils in das Revo Sicherungsgerät.
Dem ersten “Einfädeln” sollte man ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenken.

Das REVO ist ein bidirektionales Sicherungsgerät auf der Funktionsbasis eines Tubers mit einer zusätzlichen, paniksicheren Backupfunktion in Form einer Fliehkraftbremse, die im Falle eines Versagens des Sichernden das Seil blockiert. Das REVO stellt somit das erste Sicherungsgerät seit 1991 (Grigri) dar, welches mit einer komplett neuen Technik daherkommt. Freigegeben ist das REVO für Kletterseile mit einem Durchmesser von 8,5-11,0 mm und soll mit allen gängigen Karabinern funktionieren. Gefertigt ist das Ganze aus Aluminium und Edelstahl und wird in Italien produziert. Auch das Design erinnert eher an ein Bauteil eines italienischen Supersportlers; andere böse Zungen behaupten an einen Dynamo, als an ein Sicherungsgerät – aber gerade das weiß durch seine Ausgefallenheit zu gefallen.

Nicht nur das Design und die Größe beeindrucken, sondern auch das Gewicht. Allerdings sind sich hierbei der Hersteller, andere Rezensenten und die heimische Küchen – äh Ausrüstungswaage alles andere als einig. Der Hersteller gibt 245 gr. an, anderswo steht 275 gr. und die Waage sagt wiederum 285 gr. Einigkeit besteht allein bei allen darin, dass es ein schwerer Brocken ist, der die Haltekraft des Klettergurts in Bodenrichtung auf harte Proben stellt. Für den angeschlagenen Verkaufspreis von knapp 130 € bekommt man aber so zumindest noch etwas für sein Geld.

Das Gewicht des Revos.
Eins ist sicher: das Revo ist kein Leichtgewicht!

Hands on oder REVO, ick hör dir klacken

Auf den ersten Blick hat das REVO sehr viele bewegliche Teile. Recht schnell merkt man aber, dass für den Sichernden nur der Schließmechanismus (in Form eines kleinen schwarzen Hebels) und die Seilrolle relevant sind. Alles andere erledigt das REVO von selbst.

Das erste Seileinlegen erfordert dennoch einiges an genauer Beobachtung, da auf den ersten Blick nicht intuitiv klar ist, wie das Seil verlaufen soll. Es ist immer noch möglich, das Seil falsch einzulegen, auch wenn man es nicht mehr verkehrt herum einlegen kann. Nach kurzer Eingewöhnungszeit ist dies aber komfortabel zu bewerkstelligen.

Getestet haben wir das REVO mit Kletterseilen verschiedener Stärke und unterschiedlichen Karabinern. In den meisten Fällen nimmt das REVO die diversen Setups klaglos hin. Bei dicken und durch häufige Benutzung speckig gewordenen Seilen (der Toprope-Bereich lässt grüßen) in Kombination mit einem stark gebogenen Karabiner kann es jedoch zu einem ungewollten Schleifen des Seils am Karabiner kommen. Ein wenig problematisch waren in unserem Test zudem Twingate-Karabiner. Durch die knapp bemessene Einhängeöffnung am REVO war bei einigen Vertretern dieser Art etwas Überzeugungsarbeit nötig, andere passten gar nicht.

Wir haben das Sicherungsgerät mit verschiedenen Seilstärken und Karabinern getestet.
So sieht das Setup live aus.

Wenn alles eingelegt ist, ist das Handling wirklich fantastisch. Das Ausgeben und Einholen des Seils, sowie der schnelle Wechsel zwischen beidem geht so leicht von der Hand, wie bei kaum einem anderen Sicherungsgerät. Das Seil läuft in beide Richtungen ohne zu hackeln (und das unabhängig von der Position der Bremshand!). Zudem kann das Seilausgeben sehr Präzise dosiert werden, sodass weder ein Schlappseil entsteht oder der Kletterer um die letzten Zentimeter Seil bis zur nächsten Exe kämpfen muss.

Diese Leichtläufigkeit macht sich allerdings auch beim Ablassen und Halten des Kletternden bemerkbar. Da die Blockierfunktion nur im Notfall greifen soll, beschränkt sich die native Bremswirkung lediglich auf die oben und unten angebrachten Lamellen, die Fliehkraftbremse dreht sich munter weiter. Dies hat zur Folge, dass eine relativ große Last auf der Bremshand liegt, auch weil, im Gegensatz zu anderen Tubern, der Karabiner konstruktionsbedingt nicht beim Bremsen des Seils mithelfen kann. Gerade bei schweren Kletterern hat der Sichernde daher alle Hände voll zu tun.

Sollte der Sichernde das Seil einmal nicht bremsen, sei es aus Unachtsamkeit, Ohnmacht oder sonstigen Szenarios, blockiert das REVO sehr zuverlässig. Freundlicherweise wird man selbst, und der Rest der Halle, auf etwaige Sicherungsfehler durch ein lautes Klacken der Blockierfunktion auf eben diese aufmerksam gemacht.

Das Backup löst bei einer Fallgeschwindigkeit von 4 m/s aus, also etwa nach 0,4 Sekunden, was ca. einem Meter Fallhöhe entspricht. Gefühlt blockiert es aber schon wesentlich früher. So kann man (auch wenn dies wahrscheinlich nicht im Sinne des Erfinders ist) die Arretierung absichtlich auslösen, um beispielsweise bei einer längeren Pause des Kletternden die Bremshand zu entlasten. Dazu muss man sich lediglich ins Seil setzen und das Bremsseil kurz anheben. Schon nach wenigen Zentimetern können es sich alle Beteiligten in ihren Klettergurten bequem machen. Gelöst wird das Seil wieder durch einen Ruck mit der Bremshand nach unten, was hervorragend funktioniert.

Die Revo Sicherung im Einsatz.
Der kleine schwarze Hebel zum Öffnen des Revos.

Beim Ablassen mit dickeren Kletterseilen schien sich das REVO hin und wieder nicht ganz sicher zu sein, ob es nun blockieren soll oder nicht (auch fernab von einer Ablassgeschwindigkeit von 4 m/s). Gleiches gilt für sehr schnelle Manöver beim Seilausgeben und -einholen. Auch hier blockiert das REVO bei hohen Geschwindigkeiten, was aber selten ein Problem darstellt, da die Selbstblockade ebenso schnell wieder zu lösen ist wie sie eintritt.

Ein paar Einschränkungen zur Arretierung gibt es allerdings, wie der Designer des REVO Egon Resch in einem Interview mit bergsteigen.com offenlegt. Bei sehr leichten Personen und wenig Seilreibung blockiert das REVO gar nicht. Gleiches gilt, wenn sehr viel Seilreibung auftritt. In unseren Tests, mit Kletterern von 64 bis 85 kg ist dieses Problem jedoch nie aufgetreten. Leider wurden keinerlei Angaben dazu gemacht, ab welchem Gewicht es zu einem Aussetzen kommen kann, oder ob zusätzlich andere Faktoren (Schlappseil o.ä.) eine maßgebliche Rolle bei diesem Phänomen spielen könnten.

Ähnlich wie bei Halbautomaten erfordert das REVO ein wenig Übung, wenn es darum geht den Kletterer weich zu sichern. Zwar lässt es sich wie ein Tuber bedienen, aber es lässt die dynamischen Eigenschaften solcher Sicherungsgeräte missen (wenn auch nicht in dem Maße wie bei anderen Halbautomaten). Somit ist ein körperdynamisches Sichern das Mittel der Wahl, insbesondere wenn der Sichernde ein paar Kilo mehr auf den Rippen hat.

Fazit

Das REVO macht vieles richtig und vor allem das Klettern sicherer. Ob es nun wie versprochen „the safest belay device on the market“ ist, möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Auch kann ich nichts über die Langlebigkeit dieses doch aus sehr vielen Einzelteilen bestehenden Sicherungsgeräts sagen, die erst in ihrem Zusammenspiel das zusätzliche Maß an Sicherheit gewährleisten.

Die lange Entwicklungszeit lässt allerdings darauf schließen, dass Wild Country das REVO lange genug getestet hat, um Kinderkrankheiten auszumerzen. Die Entwickler haben sich dankenswerterweise einiger verbreiteter Sicherungsprobleme angenommen und diese auf innovative Weise gelöst. Wer also gerne mit einem Tuber sichert, aber sich bei diesem mehr Sicherheit wünscht und sich nicht umgewöhnen möchte, kann beim REVO getrost zugreifen. Man bekommt für einen sicherlich stolzen Preis ein Sicherungsgerät, das durch ein klasse Handling, ein interessantes Design und eine maschinelle Arretierung glänzt – falls der Faktor Mensch versagt.

Auf einen Blick

  • Hersteller: Wild Country
  • Maße (hxbxt): ca. 104 x 87 x 38 mm
  • Gewicht: ca. 285 gr
  • Seildurchmesser: 8,5 -11,0 mm
  • Karabiner: alle, mit wenigen Einschränkungen

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Bergfreund Gastautor

3 Kommentare zum Artikel

  1. Sandra 6. März 2021 17:56 Uhr

    Ich sichere mit dem Revo seit einigen Jahren beim Hallenklettern sowohl im Toprope als auch im Vorstieg. Ich fand den Umstieg vom Tuber aufs Revo sehr angenehm (Grigri schreckte mich vom Handling immer ab, obwohl meine Freundin darauf schwört). Seil einlegen und Seilausgabe klappt prima. Es ist beruhigend zu wissen, dass das im Handling tuberartige Gerät nun eine Notbremse bietet. Das Revo ist sicherlich etwas schwer. Mich stört das aber gar nicht. Kaufempfehlung!

  2. Josefine 5. Oktober 2020 05:44 Uhr

    Hallo Julius, Vielen Dank für Deinen Kommentar! Bei sehr leichten Kletterern, vor allem wenn im Toprope geklettert wird, haben sowohl Revo als auch Grigri manchmal Probleme richtig zu blockieren. Bei Vorstiegsstürzen blockiert das Revo aber auch bei leichteren Kletterern zuverlässig. Ich würde Dir zustimmen, dass das das Revo in seinen Funktionen einem Tuber ähnelt, jedoch viel zuverlässiger ist, da es eben bei Stürzen und zu schnellem Ablassen die Safety Funktion aktiviert. Wie bei allen Sicherungsgeräten heißt es: die Geschmäcker sind verschieden und jedes Gerät hat seine Vor- und Nachteile im Handling. Viele Grüße!

  3. Julius 1. Oktober 2020 13:39 Uhr

    Das Revo ist meinermeinung nach nur ein Tuber mit einer Antipanikfunktion, da diese nur ausgelößt wird wenn der Sicherer einen Fehlermacht. Ansonsten muss man den Kletterer mit seiner eigenen Kraft halten. Außerdem würde ich es nicht Leuten unter 55 Kilogram empfehlen, da die Savety Funktion unter diesem Gewicht nicht immer zuverlässig arbeitet. Positiv ist vor allem das schöne Seil aysgeben.

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