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Das Valbona-Tal biete eine tollen Ausblick. Foto: Stephan Bernau

Weg der Verbundenheit: Peaks of the Balkans

Inhaltsverzeichnis

Die Wortschöpfung “Peaks of the Balkans” ist der “Markenname” eines ab 2006 erschaffenen Fernwanderwegs. Dieser verbindet auf 192 Kilometern die Länder Kosovo, Albanien und Montenegro. Dabei passiert er die höchsten und wildesten Bergmassive des südlichen Endes der Dinariden (auch als dinarische Alpen bekannt).

Die lokalen Bezeichnungen für diese Region lauten “Prokletije” in Montenegro und Albanien sowie “Koprivnik” im Kosovo. Die in Albanien gelegenen Teile dieser Gebirgszüge sind auch als “Albanische Alpen” oder “Verwunschene Berge/ Accursed Mountains” bekannt. Die höchste Erhebung des Gebiets ist die vollständig in Albanien gelegene Maja Jezercë mit 2694 m.

Kurzer Blick in die Geschichte

Die südlichen Dinarischen Alpen gehören zu den Gebieten, die während des Kosovokriegs umkämpft waren. Dessen Kriegshandlungen endeten im Juni 1999. Die letzten Kämpfe der Jugoslawienkriege fanden 2001 in Mazedonien statt, wo albanische Separatisten sich erhoben hatten. Fünf Jahre später wurde der Peaks of the Balkans Fernwanderweg im Rahmen eines Projektes der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angelegt und popularisiert. Zuvor hatte es anderweitige Bemühungen gegeben, die Bevölkerungen der Anrainerländer einander näher zu bringen. So hatte das “Balkans Peace Park Project” versucht, geschlossene, alte Hirtenpfade und Handelswege über die Grenzen wieder zu öffnen. Die GIZ arbeitet seit 2006 an der Entwicklung des Bergtourismus im albanischen Talort Theth vor allem durch Förderung der Wegekennzeichnung und Veröffentlichung von Karten und Wanderführern. 2013 erhielt das Projekt die Auszeichnung „Tourism of Tomorrow“.

“Peaks of the Balkans” ist ein bewusst anglophon gewählter Name, um die Internationalität des Projekts zu unterstreichen und das Interesse von Bergfreunden aus aller Welt an einer nach wie vor wenig bekannten Region zu wecken. Der Tourismus soll Einkommen für die lokale Bevölkerung schaffen, die Vernachlässigung der Bergregionen aufhalten und die Länder durch gemeinsame Interessen näher zusammenbringen. Dafür haben sich die örtlichen Tourismusorganisationen und Wandervereine mit der GIZ zusammengetan, unter deren Schirmherrschaft das Projekt vorangetrieben wird.

Da die Region bis vor zwanzig Jahren wegen der politischen Lage und der kaum vorhandenen Infrastruktur für Ausländer unzugänglich war, bietet die Reise dorthin nach wie vor einen Hauch von Abenteuer und ursprüngliches Kulturerleben.

Gebirge und Landschaft: Lohnt sich die Anreise?

Der durchgehend ausgeschilderte Rundwanderweg führt auf alten Hirtenpfaden und Verbindungswegen zwischen hochalpinen Bergen bis in Höhen von 2300 Metern. Dabei durchquert er eine reiche Vielfalt an teils atemberaubenden Landschaften, in denen sich immer wieder Ausblicke auf hohe und schroffe Gipfel eröffnen. Von tiefen, grünen Tälern und dichten Wäldern über weite Almwiesen, klare Bergseen, Wasserfälle und Flüsse bis zu malerischen Dörfern reichen die Eindrücke. Außerdem beherbergt die Gebirgslandschaft eine sehr reiche Flora und Fauna sowie eine uralte Bergbauernkultur. Teilweise wird dieser Reichtum durch Nationalparks wie den Prokletije-Nationalpark und den Valbona-Nationalpark geschützt.

Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass “Peaks of the Balkans” abseits ausgetretener Touristenpfade liegt. Die abgelegenen Dörfer bieten deshalb eine sehr authentische Kultur und Gastfreundschaft. Wanderer können in traditionellen Gasthäusern übernachten und authentische lokale Gerichte probieren. Außerdem bestehen gute Möglichkeiten Bräuche und Traditionen der Gastgeber kennenzulernen.

Alles in allem kann die Eingangsfrage entschieden bejaht werden: Die Anreise lohnt sich! Auch wenn sie, wie wir am Ende des Artikels sehen werden, etwas umständlich ist und das Balkanabenteuer sogar bürokratische Hürden bereit hält (mehr dazu in den folgenden Abschnitten).

Zahlen, Daten und Fakten des Peaks of the Balkans-Treks

Entlang der Route der Peaks of Balkans lassen sich unzählige Gipfel entdecken.
Bild: Stephan Bernau
Entlang der Route lassen sich unzählige Gipfel entdecken.
Bild: Stephan Bernau

Der gesamte Peaks of the Balkans-Weg erfordert je nach Tempo und Route etwa 10 bis 15 Tage. Die Minimalhöhe von 670 Metern wird dabei in der Nähe von Cerem, Albanien, durchschritten, die Maximalhöhe von 2290 Metern zwischen der albanischen Hochalm Dobёrdol und der kosovarischen Hochalm Milishevc. Die Gesamthöhe bergauf summiert sich auf ca. 9800 Höhenmeter, bergab sind etwa 9900 Höhenmeter zu bewältigen.

Die Fernwanderung kann in jedem der drei Länder begonnen werden: Theth (Albanien), Plav (Montenegro) oder die spektakuläre Rugovaschlucht (Kosovo) sind die von den Reiseanbietern gewählten Start- und Zielorte. Der wegen guter Infrastruktur am häufigsten gewählte Start- und Zielort ist das touristisch boomende Dorf Theth in Albanien. Von dort führt der meist im Uhrzeigersinn gegangene Rundkurs über die Grenze nach Vusanje, einem idyllischen Talort in Montenegro. Dann geht es weiter nach Plav, einem schön am See gelegenen Städtchen, und zurück in die Berge nach Babino Polje. Von dort wandert man entlang der Grenzkämme hinüber in den Kosovo. Schließlich führt der Weg über mehrere Gebirgskämme zurück nach Albanien, wo es zunächst ins wunderschöne Valbona-Tal hinab und zuletzt über den nicht minder schönen Valbonapass zurück nach Theth geht.

Da die Etappen von einer Unterkunft zur anderen teils recht lang sind, ist die Mitnahme von ausreichend Wasser und Verpflegung dringend empfohlen. Lebensmittelgeschäfte sind nur in größeren Orten wie Plav oder Valbonё zu finden.

Welche Infrastruktur und Dienstleistungen gibt es?

Es gibt verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten, darunter Berghütten, Gasthäuser, Almhütten und Campingplätze. Die Bewohner der 3-Länder-Region sind oft sehr gastfreundlich. Die Vielfalt der Unterkünfte reicht von traditionellen Steinhäusern, sogenannten „Kulas“, bis hin zu kleinen Berghütten, in denen lokale und hausgemachte Gerichte serviert werden. Ein viel gerühmtes, authentisches Beispiel für Letzteres ist die Hochalm Dobёrdol.

Die möglichen Übernachtungsstationen bei einer klassischen Begehung im Uhrzeigersinn sind:

1. Theth, Albanien; 2. Vusanje, Montenegro; 3. Plav, Montenegro; 4. Babino Polje, Montenegro; 5. Liqinat i Kuçishtёs, Kosovo; 6. Reka e Allagёs, Kosovo; 7. Milishevc, Kosovo; 8. Dobёrdol, Albanien; 9. Çerem, Albanien und 10. Valbonё, Albanien.

In der Saison zwischen Mai und Oktober wird Buchung im Voraus sehr empfohlen, da sonst kein Übernachtungsplatz garantiert werden kann.

Die Markierungszeichen sind weiß-rot-weiß in Albanien, rot-weiß-rot im Kosovo und ein roter Kreis mit weißer Mitte in Montenegro. Der gesamte Weg ist mit diesen Zeichen markiert, ergänzt von gelegentlichen Plaketten mit dem grün-weißen „Peaks of the Balkan“-Logo.

Als beste Jahreszeit gilt der Sommer zwischen Juni und Oktober. Während im Juni noch Schneereste den Weg erschweren können, kann es im Juli und August besonders in den südseitigen Talorten sehr heiß werden. Denn dort brennt die südliche Sonne der mediterranen Breitengrade.

Wo finde ich alle für die Planung nötigen Infos?

Mit Peaksofthebalkans.com hat der Weg seine eigene, übersichtlich und nutzerfreundlich gestaltete Webseite. Hier finden sich alle für die Planung und Organisation notwendigen Informationen (auf Englisch; Übersetzung in Deutsch mit Browser-Erweiterungen möglich). Unter anderem sind hier die GPS-Daten vieler Wegpunkte sowie gute Beschreibungen der einzelnen Tagesetappen verfügbar (mit dem Cursor auf den Reiter “Trail description” gehen, wo sich ein Drop-down-Menü mit den einzeln anklickbaren Etappen öffnet). Die in den verschiedenen Abschnitten bereitgestellten GPS-Daten (UTM) sind dreigeteilt in Wegpunktnummer, UTM-Koordinaten und Höhe (Beispiel – Startpunkt an der Brücke in Theth: Waypoint 1., UTM 34T399041 4694459, 716 m).

Der Weg auf den Peaks of Balkans ist gut ausgeschildert - mal mit zusätzlichen Wegweisern, immer durch farbige Markierungen.
Bild: Stephan Bernau
Der Weg ist gut ausgeschildert – mal mit zusätzlichen Wegweisern, immer durch farbige Markierungen.
Bild: Stephan Bernau

Wie schwierig ist der Weg?

Der Schwierigkeitsgrad des Wegs umfasst technisch gesehen nur die Grade “einfach” und “mittel”. Auf den “einfach” bewerteten Abschnitten sind nur leichte Anstiege auf bequemen Wegen zu bewältigen und die Orientierung ist auch ohne Karte möglich. Auf den “mittelschweren” Abschnitten weist der markierte Weg starke Steigungen und teilweise eine gewisse Sturzgefahr auf. Grundlegende Orientierungsfähigkeiten und Trittsicherheit sind hier erforderlich.

Schwierige Abschnitte gibt es nur auf optionalen Gipfeltouren und Nebenwegen. Dort kann der Weg abschnittsweise unmarkiert und schwer bis gar nicht erkennbar sein. Das Gelände kann neben gutem Orientierungssinn teilweise auch die Fähigkeit zur Einschätzung von Schwierigkeiten und Gefahren erfordern. Stark ausgesetzte Abschnitte können Schwindelfreiheit, Erfahrung und Vertrautheit mit alpiner Ausrüstung voraussetzen.

Allein aufgrund seiner Länge von gut 190 Kilometern erfordert der Weg eine gute körperliche Verfassung und zuverlässige Bergausrüstung (z. B. Wanderschuhe, wasserdichte und wetterfeste Kleidung, Stirnlampen, GPS, Erste-Hilfe-Set, Mobiltelefon). Auch wenn er durchgehend markiert und ausgeschildert ist, führt er durch unbewohnte und einsame Bergregionen auf über 2000 Metern. Wanderer sollten sich auf wechselnde Wetterbedingungen einstellen und genügend Proviant mitnehmen.

Wer wenig Erfahrung mitbringt und/oder die erforderliche Vorausplanung nicht auf sich nehmen will, sollte den Weg mit erfahrenen Führern und/oder in einer organisierten Gruppe gehen. Für die Begleitung von Einzelpersonen und Gruppen stehen ortskundige, vom Deutschen Alpenverein ausgebildete Führer zur Verfügung, deren Kontaktdaten auf der offiziellen Webseite zu finden sind.

Welche Varianten gibt es?

Neben dem Peaks of the Balkans-Trek gibt es in den südlichen Dinariden viele weitere Wege und Pfade, die in Karten verzeichnet sowie teilweise beschildert und markiert sind. Deshalb kann man jedes beliebige Teilstück des Fernwanderwegs auch separat erforschen und dabei Abstecher machen, Gipfel besteigen oder Abkürzungen nehmen. Solche Varianten bieten sich an, wenn man wenig Zeit hat oder einzelne spektakuläre Abschnitte des Gebirges näher kennenlernen will. Oder wenn man nur in einem Land bleiben will, um die Grenzformalitäten zu vermeiden. Attraktive Ziele gibt es nämlich eine ganze Menge, wie beispielsweise den populären Gipfel Zla Kolata (2535 m, höchster Berg Montenegros), die traumhaften Bergseen Buni Jezerce (Albanien), oder die skurrilen Bunker, mit denen Ex-Diktator Enver Hoxha ganz Albanien “verziert” hat. Diese und andere Highlights des Dreiländerecks werden wir demnächst in einem weiteren Artikel näher beleuchten.

Welche Besonderheiten muss ich beachten?

Vusanje eignet sich als Startort in Montenegro.
Vusanje eignet sich als Startort in Montenegro.

Da die Länder des Balkans jede Ein- und Ausreise an ihren Grenzen kontrollieren, kommen fernwandernde Bergfreunde nicht um etwas Bürokratie herum. So sind Übertritte über die grünen Grenzen in den Bergen nur mit im Voraus erteilten Genehmigungen (Border Crossing Permits) gestattet. Um diese rechtzeitig zu erhalten, muss der Prozess mindestens zwei Wochen vor Beginn der Wanderung eingeleitet werden. Beim Ausfüllen der Formulare müssen die genauen Daten und die genaue Lage der Grenzübergänge bekannt sein. Die Permits können u. a. über deutschsprachige Webseiten organisiert werden. Wer den Aufwand scheut, schließt sich einer Tour an, bei der das Reiseunternehmen oder die Agentur die Formalitäten übernimmt.

Wer weder auf Papierkram noch auf organisierte Touren Lust hat, kann die Länder separat bereisen und Touren ohne Grenzübertritte unternehmen. Dafür braucht es “nur” den Reisepass sowie bei Anreise mit dem Auto den Führer- und Fahrzeugschein. Und für Albanien zusätzlich die sog. grüne Versicherungskarte, die den Versicherungsschutz des Autos nachweist. Etwas Geduld schadet auch nicht, denn an den Grenzübergängen kann sich der Verkehr auch mal länger stauen. Ganz auf die Balkanberge zu verzichten wäre schade, denn Landschaft und Kultur bieten wirklich tolle Erlebnisse.

Wie komme ich zum “Peaks of the Balkans”-Trek?

Schnell und einfach geht die Anreise per Flug in eine der drei Hauptstädte Tirana (Albanien), Podgorica (Montenegro) oder Prishtinë (Kosovo). Hierfür genügt ein mindestens noch 6 Monate gültiger Reisepass. Von diesen Hauptstädten aus ist es jeweils eine mehrstündige Weiterreise in die Berge, oft auf schmalen und holprigen Gebirgsstraßen.

Wer auf eigene Faust mit den Öffentlichen anreist, sollte einen Extratag Zeit mitbringen, um einen der Talorte Theth (Albanien), Vusanje (Montenegro) oder Reka e Allagës (Kosovo) zu erreichen. Vom Zeit- und Logistikaufwand ist die Anreise aus dem Kosovo über das am Fuß der Berge gelegene Städtchen Pejë und die Rugovaschlucht (wo der Fernwanderweg etwa 15 km hinter Pejë die Straße kreuzt) die einfachste Option.

Von Podgorica aus führt eine relativ gute, direkte und landschaftlich spektakuläre Straße nach Vusanje – allerdings durch Albanien und daher mit zwei Grenzübertritten. Die Umfahrung auf rein montenegrinischem Gebiet erfolgt auf sehr schmaler und holpriger Gebirgsstraße. Die Straße nach Theth ist von Podgorica und von Tirana aus schnell erreicht und durchgehend in gutem Zustand. Allerdings weist sie viele enge Passagen auf, die bei der im Sommer starken Befahrung zu heiklen Manövern zwingen können.

Literatur und Karten

Bislang gibt es nur einen deutschsprachigen Wanderführer:

Rother Wanderführer Peaks of the Balkans: Albanien, Kosovo und Montenegro. Dreiländerrundweg und Tageswanderungen.

Im Kompass-Verlag wird demnächst ein weiterer Führer zu diesem faszinierenden Gebiet erscheinen.

– “Peaks of the Balkans, Prokletje Wanderkarte 1:60.000”, Huber Verlag, erstellt in Zusammenarbeit mit der Deutschen GiZ und ansässigen Touristeninformationsstellen; erhältlich im Fachhandel oder online

– “Peaks of the Balkans 1:60000: cross border hiking Albania – Kosovo – Montenegro”, hrsg. vom Peaks of the Balkans Projekt, auf Amazon erhältlich

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Bergfreund Stephan

“Flat is boring”, dachte ich mir als Kind des Flachlands immer. Bergsport war die Lösung des Problems. Aber nicht aller Probleme, wie ich beim Durchwursteln der Disziplinen von Bouldern bis Hochtouren herausfand. “Egal”, dachte ich mir und fühle mich heute bei alpinen Touren mit leichtem Gepäck sauwohl.

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