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Halbautomaten und Autotuber – wer kann was?

Inhaltsverzeichnis

Halbautomat
Halbautomaten können das Leben sicherer machen

Inzwischen sind sich viele Alpenvereine* einig und haben eine Empfehlung herausgegeben, Halbautomaten beim Sportklettern zu bevorzugen.

Das führt auf der einen Seite zu mehr Klarheit, da endlich die Dachorganisationen vieler Länder in Sachen Klettern ihre Einschätzung zu der Diskussion abgaben, gleichzeitig fragen sich aber inzwischen einige, wie man Smart und Grigri2 in eine Kategorie packen kann und welche Geräte zu den Autotubern zählen und wo jeweils der Unterschied liegt?

Im folgenden Artikel erfährst Du, welche Sicherungsgeräte vom DAV für was empfohlen werden, welches Sicherungsgerät in welche Gruppe gehört und worin sich die Kategorien überhaupt unterscheiden.

Gleich etwas vorweg: Die hier wiedergegebenen Empfehlungen für Sicherungsgeräte beziehen sich ausschließlich auf das Sportklettern in der Kletterhalle oder Klettergärten bei Körpersicherung. Damit sind aus dieser Empfehlung Mehrseillängenrouten und Klettern in komplexem alpinem Gelände ausgenommen. Weiterhin ausgenommen ist das Wettkampfklettern, da auch hier besondere Anforderungen an den Sichernden gestellt werden.

Halbautomat Matik von Camp
Der Halbautomat Matik von Camp im Einsatz

Und noch etwas sei vorweggenommen: Alle Sicherungsgeräte sind sicher, wenn sie vom Sichernden beherrscht werden, das Gewichtsverhältnis in der Seilschaft beachtet wird und der Sichernde immer aufmerksam ist und sein Sicherungsgerät richtig bedient.

Da wir aber Menschen sind und gerade unsere Aufmerksamkeit manchmal leiden kann, stellt sich bei der Sicherheit eines Sicherungsgerätes die Frage, wie viel Fehlerpotential es beim Menschen ausgleichen kann.

Aber wenden wir uns den Halbautomaten zu:

Was ist ein Halbautomat?

Ein Halbautomat ist ein Sicherungsgerät mit einer Blockierunterstützung. Beim “Auslösen” oder “Blockieren” wird das Seil im Gerät eingeklemmt und erreicht dadurch, dass der Sichernde wenig bis kaum Handkraft aufwenden muss, um das Sicherungsseil zu halten.

Wichtig: Alle Halbautomaten benötigen fürs “Auslösen” einen Ruck. Wie stark dieser Ruck sein muss, ist von Modell zu Modell unterschiedlich und hängt wiederum auch vom Durchmesser und der Oberflächenbeschaffenheit des Kletterseils ab. Daher entbindet KEIN Halbautomat den Sichernden von seiner Aufmerksamkeitspflicht und natürlich darf das Bremshandprinzip nie verletzt werden!

Derzeit unterscheidet man zwischen zwei Gruppen von Halbautomaten:

Bremshandpositionsunabhängige Halbautomaten

Gängige Bezeichnung: Halbautomat

Modelle: GriGri2 und Matik

Wie der Name es schon sagt, blockieren diese Halbautomaten unabhängig von der Position der Bremshand, also auch, wenn sich die Hand oberhalb des Sicherungsgerätes befindet.

Segen ist hier allerdings auch Fluch zugleich. Je sensibler das Gerät auslöst und damit eine Verletzung des Bremshandprinzips (Ohnmacht Sichernder durch Steinschlag) ausgleicht, umso leichter blockiert es z.B. auch beim normalen oder schnellen Seilausgeben. Hier muss jeder schauen, was ihm lieber ist.

Halbautomaten mit einer Abhängigkeit der Bremsfunktion von der Bremshandposition

Gängige Bezeichnung: Autotuber

Modelle: Smart, Jul2, Click Up, Ergo, Mega Jul

Diese Sicherungsgeräte verfügen ebenfalls über eine Blockierunterstützung, deshalb zählen sie zu den Halbautomaten. Allerdings kann die Blockierunterstützung durch eine fehlerhafte Position der Bremshand ausgesetzt werden. Sie bilden daher eine eigene Untergruppe der Halbautomaten. Man bezeichnet sie als Autotuber.

Ein weiterer Unterschied zu den Halbautomaten: Bei den Autotubern erfolgt die Bremsfunktion über ein Einklemmen des Seils zwischen Sicherungsgerät und Karabiner. Bei manchen Sicherungsgeräten wird die vom Hersteller angegebene Bremskraft nur mit den hauseigenen Karabinern erreicht (z.B. Click Up). Bitte diese Geräte nur mit den jeweils empfohlenen Karabinern verwenden.

Eine Familie, aber doch unterschiedlich

Wie das in Familien so ist, man gehört zwar zu einer Sippe, aber das bedeutet noch lange nicht, dass alle gleich sind. Und so ist das auch mit den Sicherungsgeräten. Jedes hat so seine Eigenheiten und Vor- und Nachteile.

Beim GriGri2 braucht man praktisch keine Handkraft, dafür sind schnelles Seilausgeben und das Ablassen des Kletterers etwas gewöhnungsbedürftig. Das Click Up verzeiht keinen Fehler der Bremshandposition, das Matik ist nur was für dünne Seile (Empfehlung ist bis 9,6mm) etc. Der DAV hat hierzu eine sehr schöne Grafik erstellt, welche die Eigenschaften der einzelnen Halbautomaten aufzählt.

Zusammengefasst

Halbautomaten ist die übergeordnete Bezeichnung aller Sicherungsgeräte, die einen Blockiermechanismus haben. Solche, bei denen die Position der Bremshand einen direkten Einfluss auf die Bremsleistung haben, bezeichnet man außerdem als Autotuber.

Bei allen Halbautomaten gilt jederzeit das Bremshandprinzip, und es braucht die ungeteilte Aufmerksamkeit des Sichernden sowie dessen Erfahrung und Kompetenz im Umgang mit dem Sicherungsgerät. Hierzu empfiehlt es sich, einen angeleiteten Kurs zu besuchen. Denn generell gilt: Wenn richtig gesichert wird, ist jedes Sicherungsgerät sicher, wenn falsch gesichert wird, kann auch das Gerät nicht mehr alles ausgleichen.

Noch etwas zum Thema Sicherheit bei Halbautomaten

Halbautomaten ermöglichen keine dynamische Sicherung. Um dem Kletterer harte Stürze zu ersparen, muss der Sichernde seinen Körper aktiv einsetzen (besonders im Vorstieg). Das bezeichnet man als körperdynamische Sicherung. Diese sollte ausführlich in einem Kurs geübt werden. Leider kann man nicht immer körperdynamisch Sichern. In solchen Fällen sollte man über die Verwendung eines Tubes nachdenken.

In folgenden Situationen sind Tubes angeraten:

  • Kletterer ist leichter als Sichernder: Kann bis zu einem gewissen Grad beim Halbautomaten durch die dynamische Körpersicherung ausgeglichen werden. Ist der Kletterer wesentlich leichter (Kinder), sollte doch ein Tube genommen werden.
  • Wenn sehr viel Seilreibung zu erwarten ist. Das kommt eher draußen vor und selten in der Halle.
  • Wenn am Wandfuß kein körperdynamisches Sichern möglich ist, z.B. wenn durch ein Dach nicht genug Platz nach oben ist.
  • Wenn die Sicherung nicht über den Körper, sondern über einen Fixpunkt erfolgt. (Es wird nie Vorstieg über einen Fixpunkt mit einem Halbautomaten gesichert!)

Wer sich gerne noch weiter in das Thema einlesen möchte, dem seien die Ausgaben 5/2015 der Panorama oder die Ausgabe #92 der Bergundsteigen sehr ans Herz gelegt.

* Alpenverein Südtirol (AVS), Frankreich (FFCAM), Italien (CAI), Deutschland (DAV), Liechtenstein (LAV), Österreich (ÖAV), Slowenien (PZS) und Schweiz (SAC)

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Bergfreundin Wiebke

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Ein sonniger Tag (nicht zu heiß, nicht zu kalt), an einem schönen Kletterfels nicht zu voll, nicht zu leer, mit lieben Freunden und Hund. Was kann es schöneres geben. (außer siehe Kaiserschmarren).

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