Aufprallkraft eines stürzenden Kletterers

1
Gewicht der stürzenden Person?
kg
2
Höhe des Sturzes?
m

Die Aufprallkraft des stürzenden Boulderers entspricht dem Anheben von 350 kg, oder

4,2 Waschmaschinen !

Man kennt die Bilder: Ein riesiger Felsklotz im Nirgendwo, theatralisch ausgeleuchtet scheint sich die Nacht nur auf diesen Fels zu konzentrieren, denn hier wird gerade Geschichte geschrieben. Auf mehreren Metern Höhe entscheidet sich just in diesem Moment, ob der Boulderer den Griff nach dem entscheidenden Dyno halten wird oder nicht, und ob damit die Latte wieder etwas höher hängt.

Die Beine schwingen weit nach hinten weg. Nur noch eine Hand bewahrt den Boulderer davor, hinter dem Fels in die Büsche zu segeln. Fünf Meter unter ihm stehen seine Freunde, Anbetern gleich, um die Crashpads herum und strecken ihre Hände in den Himmel in Richtung seines Hintern.

Die unterschätzten Kräfte beim Klettersturz

Was auf den Bildern nicht zu sehen ist, zeigt sich in den entsprechenden Videos. Kommt es nämlich zu einem Sturz, nehmen die da unten ganz schnell ihre Hände wieder runter. Man könnte sie jetzt als Feiglinge, schlechte Freunde oder Anfänger beschimpfen, was nicht wenige tun. Doch wer so handelt, der hat noch nie versucht einen Sturz aufzuhalten - und sollte es auch lieber lassen.

Denn beim Betrachten der Kräfte eines solchen Sturzes wird schnell klar, dass hier kein Aufhalten oder Fangen des Stürzenden möglich ist. Viel mehr riskiert ein Spotter bei einem Versuch ernsthaft seine Gesundheit. Anders ausgedrückt: Schon mal versucht einen fliegenden Trabi zu fangen?

Zur Veranschaulichung: Um einen 90 kg schweren Mann nach fünf Meter freiem Fall aufzuhalten, ist der selbe Kraftaufwand nötig, um 450 kg hochzuheben. Das entspricth etwa dem Gewicht eines ausgewachsenen Araberpferds! Bei einem 80 kg schweren Mann kommen wir auch schon auf 350 kg, was mehr als vier Waschmaschinen auf die Waage bringen.

Was Spotter wissen sollten - so viel wirkt der Stürzende beim Klettern
Anmerkung: Die Grafik soll die Kräfte, mit denen Spotter oder Sichernde rechnen müssen, veranschaulichen. Allerdings handelt es sich hierbei um Relationen, denn das Berechnen der Kraft, die eine fallende Masse beim Aufprall ausübt, ist schwer darzustellen - vor allem wenn man es physikalisch wasserdicht umschreiben möchte.
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Beim gesicherten Klettern ist die Situation auf den ersten Metern, wenn der Kletternde noch auf den Sichernden oder den Boden stürzen kann, mit dem Bouldern vergleichbar. Sobald der Kletternde aber im Seil landet, kommt es auf den Sturzfaktor und die Fangstoßkraft an - Größen, von denen jeder Kletterer schon einmal gehört haben sollte.

Aufgaben des Spotters beim Bouldern

Der Spotter und das Crashpad fangen einen Sturz beim Bouldern auf
Spotten erfordert vollste Konzentration

Bei solchen Kräften ist ein Auffangen vollkommen illusorisch, wenn nicht sogar bescheuert. Der wohlinformierte Boulderhallenbesucher fügt jetzt an dieser Stelle an, dass es beim Spotten ja auch nicht ums Auffangen geht, sondern ums Leiten. Aufgabe des Spotters sei es, den Boulderer an die rechte Stelle der Matte zu Schubsen. Stimmt, allerdings ist auch das ab einer bestimmten Höhe ziemlich riskant. Ja, man kann versuchen einen Körper mit einer Kraft von 540kg (90kg nach 6m freiem Fall), was einem Trabbi entspricht, umzuleiten. Aber dann sollte man dabei sehr gut auf seine Hände und Finger achten.

Bleibt die Frage, warum die Spotter dann überhaupt da stehen, an diesem Crashpad. Wenn sie schon mit den besten der Besten bouldern, sollten sie doch wohl wissen, was sie da tun? Die Antwort ist ganz einfach: Sie Spotten und vermutlich wissen sie auch was sie da tun.

Die Tatsache, dass sie die Hände hochhalten, hat eher was mit der Konzentration und Reaktionszeit zu tun. Verfolgt man den Boulderer bereits mit seinen Händen, ist man bei einem Sturz schneller zur Stelle, als wenn die Hände noch in den Taschen der Daunenjacke stecken. Denn auch wenn der Spotter den Boulderer nicht fangen soll hat er doch ein paar Dinge zu tun, ist enorm wichtig und trägt eine große Verantwortung für die Sicherheit des Boulderers.

Ausrichten des Crashpads

Ganz wichtig: Der Spotter ist dafür zuständig, dass immer ausreichend Crashpads in der Sturzzone des Kletternden liegen. Viele Boulder verlaufen nicht senkrecht nach oben. Gerade am natürlichen Fels hat man nur ein (höchstens zwei) Crashpad pro Person dabei und häufig nicht die ausreichende Anzahl um die gesamte Sturzzone zu bedecken . Hier obliegt dem Spotter, die vorhandenen Pads regelmäßig nach zu justieren, so dass die Sturzzone abgesichert ist.

Stabilisierung des Stürzenden

Die zweite sehr wichtige Aufgabe des Spotters, kann sich jeder vorstellen, der schon mal Turnern zugesehen hat und sah, wie schwer es ihnen fällt, nach der Landung gerade stehen zu bleiben. Genau, es ist sau schwer und Boulderer sind keine Turner. Nach der Landung kippt, oder je nach Geschwindigkeit, hüpft man regelrecht in eine Richtung weg. Je nach Sturzgelände kann das extrem unangenehm werden.

Die Aufgabe des Spotters ist es das Umkippen oder Weghüpfen zu verhindern . Wie ein menschlicher Gartenzaun steht der Spotter daher am Crashpad. Stürzt der Boulderer und wird nach dem Aufprall auf das Pad zur Seite geschleudert, ist es Aufgabe des Spotters dafür zu sorgen, dass der Boulderer sich dabei nicht verletzt. Also entweder auf dem Pad bleibt oder im Arm des Spotters landet.